Die Klassiker

Tin Whistles gibt es heutzutage in fast allen Materialien und Stimmungen. Die verbreitetste Bauweise im günstigen Bereich hat ein Kunststoffmundstück und einen Korpus aus Messing, das mitunter beschichtet ist, zum Beispiel mit farbigen Lacken oder Nickel. Hierzu zählen Feadóg, Waltons (die in grauer Vorzeit einmal Soodlums hießen), Generation, Oak u.a.

Feadóg Tin Whistles

Ein paar typische Whistles aus dem günstigen Bereich

Der Name Tin Whistle (Blechflöte) ist trotz der verschiedenen Materialien erhalten geblieben. Die zweite sehr verbreitete Whistle-Form ist eigentlich die ursprüngliche - besteht aus einem gerollten Blech, in das als Mundstück ein Holzblock eingesetzt ist. Hier sind vor allem die Clarke Whistles sehr verbreitet und im höherpreisigen Markt hat sich der englische Dudelsackbauer Dave Shaw einen Namen gemacht.

Shaw Whistle

Eine Whistle von Dave Shaw

Plaste und Elaste - und viel kreatives Potential

Weitere Hybride sind Whistles, die komplett aus Kunststoff bestehen, wie man sie von Susato oder Tony Dixon kennt. Aus Kunststoff? Klingt das denn? Ja das klingt!!! Was für viele Blockflötenpädagogen erst einmal ein Moment der Irritation ist, ist genau genommen lebendige Entwicklung pur. Zu allen Zeiten in der Geschichte haben Instrumentenbauer mit neuen Materialien experimentiert. Jeder, der in der Schulzeit mit Blockflöte gequält wurde, weiß, dass man Holzinstrumente immer auswischen muss und um sie von innen gegen Feuchtigkeit resistent zu machen, auch ab und an ölen sollte. Diese Prozedur dient nicht nur zum Schutz des Holzes, man will damit auch eine möglichst glatte Innenbohrung im Windkanal erreichen. Ist die Oberfläche zu rau, wird der Klang kratzig und der Ton etwas zu tief. Bei Kunststoffen entfällt dieses Problem. In der schottischen Musik hat es sich schon längst eingebürgert, Einsteigerdudelsäcke aus Polypenko zu drechseln, das ähnliche Eigenschaften wie Ebenholz hat. Somit sind diese Instrumente qualitativ auch höher einzuschätzen.

Dixon Duo Whistle

Eine Whistle von Tony Dixon, mit Wechselkopf für normale- und Querflöte

Susato Combo

Eine Susato Whistle mit drei Körpern für die Tonarten C, D und Es

Woodwhistles

Seit einigen Jahren werden auch Tin Whistles aus Holz angeboten und als Neuentwicklung vermarktet (siehe Geschichte). Lustigerweise ist es eigentlich umgekehrt, nämlich dass sich die Tin Whistle aus den europaweit verbreiteten Flageoletts entwickelt hat. Solche Woodwhistles werden zum Beispiel von der Firma Meinel Blockflöten als Preis-Leistungs-Instrumente gebaut. Da das aber nicht cool genug klingt, werden sie in den englischsprachigen Ländern als Tamlinn Whistles vermarktet - benannt nach einem sehr bekannten irischen Tune. Die Woodwistles von Meinel sind an die Kunststoff-Whistles von Susato angelehnt und zeichnen sich durch eine ansprechende Lautstärke und vernüftige Spielbarkeit aus. Bereits vor Meinel hatte die Firma Adler Heinrich die Idee, Woodwhistles zu produzieren. Adler Heinrich hatte im Osten Deutschlands eine lange Tradition, ging pleite, wurde als Hahl Blockflöten neu gegründet und ging nach einem Jahr wieder pleite. Auffällig ist hier, dass zwei von drei Herstellern von Woodwhistles aus Deutschland kommen, wo man sich scheinbar noch nicht von dem Gedanken trennen kann, dass eine Flöte aus Holz sein muss. Woodwhistles im hochqualitativen Bereich werden vom amerikanischen Flötenbauer Ralph Sweet angeboten, dessen Wurzeln in der englischen Cotswold-Musik liegen. Seine Woodwhistles haben sich international durch den weichen Klang, ihre angenehme Überblasbarkeit und die beträchtliche Lautstärke einen sehr guten Namen erworben.

Ein Videobeispiel zur Meinl/Tamlinn-Woodwhistle

Umsteck- oder Doppelkopf-Flöten

Die Idee ist naheliegend: Warum nicht einfach denselben Korpus für zwei unterschiedliche Köpfe verwenden? Einmal einen herkömmlichen Flötenkopf und einmal einen Querflötenkopf. Die technische Umsetzung ist allerdings alles andere als einfach. Deswegen hat es auch etliche Jahrzehnte gedauert, bis es jemandem gelungen ist, eine Formel für die Maße des Kopfes zu finden. Die Schwierigkeit ist folgende: Auf einer Flöte erreicht man eine korrekte Tonleiter zunächst einmal durch die richtige Positionierung der Löcher. Der Abstand der Löcher und der Durchmesser jedes Lochs haben Auswirkungen auf die Tonhöhe. Je größer das Loch, desto höher der Ton. Soweit ganz einfach - jedoch umso stärker man eines der Löcher vergrößert, umso mehr sinkt die Höhe des darunterliegenden Tones ab. Theoretisch könnte man also ausschließlich über die Größe der Löcher eine korrekte Tonleiter erreichen, bzw. gleich große Löcher so weit im Abstand zueinander variieren, bis die Tonleiter stimmt. Dabei taucht folgendes Problem auf: Töne sind wellenförmige Schwingungen, die an bestimmten Stellen auf die Wandung der Flöte treffen. Wenn an einer dieser Stellen ein Loch ist, kriegt man einen schönen sauberen Ton. Wenn das Loch aber etwa 1 cm weiter oben oder unten ist, klingt der entsprechende Ton leiser als die übrigen. Deswegen muss man bei der Positierung und Größenbestimmung der Löcher diese Wellenform mit beachten. Hier wirds spannend, wenn wir uns überlegen, dass der Austauschkopf in seiner Ausformung an eine bestehende gut funktionierende Flötenkorpus angepasst werden muss. Einen korrekt gebohrten Korpus für nur einen Flötenkopf zu machen, ist schon eine Aufgabe, die viel Erfahrung erfordert. Dann aber für einen bereits bestehenden, gut funktionierenden Korpus, einen weiteren, andersgearteten Flötenkopf zu kreieren, ist schon Meisterklasse. Etwa ein Jahr nachdem Tony Dixon mit diesen Umsteckmodellen auf den Markt kam, wurde die Idee auch von Ralph Sweet übernommen.

Whistles mit Lautstärkeregelung und Instrumente, die in die Hosentasche passen

Immer wenn man denkt man kennt schon alles, wird man überrascht. Einer der kreativsten Köpfe im Whistlebau ist der Amerkaner Carey Parks. Er hat genau dass umgesetzt, was sich viele Whistler seit jeher wünschen. Mittels des sogenannten "Tone Ring" am Kopf der Whistle kann man die Lautstärke stufenlos dimmen, bis dass Instrument kaum noch zu hören ist. So ist es möglich, auch mitten in der Nacht noch in der Wohnung oder im Hotelzimmer zu spielen, ohne dass irgendjemand davon etwas mitbekommt. Da Carey für sein Leben gerne Kanu fährt, hat er auch ein outdoorkompatibles Taschenmodell entwickelt, dass sich in drei Teile zerlegen läßt und in eine kleine Stoffhülle gepackt bequem in die Hosentasche paßt. Kaum war das Modell fertig entwickelt, stieß es auf helle Begeisterung bei Joanie Madden von der Band "Cherish the Ladies" - eine der wirklich großen Gruppen in der traditionellen Folkszene. Hier ein Foto von Carey und Joanie Madden nach einem Konzert.

Joanie und Carey

Damit nicht genug, hat Carey auch einen Flötenständer entwickelt, in den erstens jede Flöte reinpasst und der zweitens nicht wie die meisten anderen dauernd umkippt. Hut ab vor so viel kreativem Potential.

Moldavische Doppelflöten

Wie bereits weiter oben erwähnt, liegt der Ursprung der Tin Whistle in den Holzflageolettflöten, die es in ganz Europa seit jeher gibt. Diese moldavischen Doppelflöten haben zwei Klangkörper, die über ein Mundstück gespielt werden. Das eine Rohr ist eine herkömmliche sechslöchrige Flöte, das zweite Rohr hat keine Löcher, sondern spielt permanent den Grundton der Flöte, so dass automatische ein Harmonieabstand entsteht und die von nur einer Person gespielten Flöte etwas polyphones gewinnt, sich also gewissermaßen selbst begleitet. Die Idee ist nicht neu - man könnte sogar sagen, ziemlich alt. Dasselbe Prinzip kommt bei Dudelsäcken und Drehleiern (nicht zu verwechseln mit Drehorgeln) zum Einsatz. Die wenigsten Menschen wissen, dass z. B. in Deutschland bereits im Mittelalter gedudelt wurde, und die Schotten den Dudelsack erst einige Jahrhunderte später als die deutschen zu Gesicht bekommen haben.

Whistles mit Wechselköpfen:

Seit jeher werden Woodwhistles, wie die Instrumente auf Neudeutsch heißen von Ralph Sweet von Sweetheartflutes, in sehr guter Qualität angeboten.

... und hier ein Eindruck der Sweetheartwhistles