Low Whistles

Die Low Whistle oder auch Concert Whistle ist eine Variation der gängigen Tin Whistle - nur eben tiefer. In der Regel kommt sie in modernen Irish-Folk-Interpretationen zum Einsatz, bekannte Beispiele sind Davy Spillanes Riverdance oder der Soundtrack zu Titanic "My heart will go on". Aber auch in der neueren traditionelleren Szene findet diese Bauweise breiten Anklang. Häufig werden Low Whistles zum Spielen langsamer und getragener Melodien, den sogenannten "airs" verwendet.

Die verbreitetste Tonart ist "Low D" - also eine Oktave unter der normalen Tin Whistle. Gemeinhin werden Whistles als Low Whistles klassifiziert, wenn der tiefste Ton mindestens das G unterhalb des mittleren Cs ist. Darüberliegende Whistles werden Alto Whistles genannt. Whistles ab dem mittleren C werden Soprano- oder einfach "High Whistles" genannt.

Der Fingersatz der Low Whistle entspricht dem der normalen Tin Whistle. Somit gehört auch die Low Whistle zu der Familie der Flageoletts.

Obgleich es natürlich Unterschiede zwischen den Herstellern gibt, ist der Ton der Low Whistles gemeinhin dem einer Querflöte recht ähnlich.

Die Ursprünge

Über den genauen, historischen Ursprung der Low Whistles wird viel debattiert. Sicher ist, dass es schon im 16. Jahrhundert etliche "Blockflöten" in ähnlicher Tonlage gab. "Blockflöte" bedeutet an dieser Stelle nicht das, was wir heute unter einer Blockflöte verstehen. Also die Instrumente mit 8 Löchern, die fast jeder einmal erleiden musste, sondern einfach eine Flöte, deren Tonerzeugung, anders als bei der Querflöte, über ein Labium mit eingesetzem Weichholzblock erfolgt.

Die historischen Low Whistles waren zumeist Holzflöten mit 6 Löchern, die anders als ihre historischen Nachfahren eine konische Innenbohrung hatten. Ab dem späten 16. Jh. gab es auch Flöten aus Metall. Diese waren, ähnlich den frühen Clarke Tin Whistles, aus gerollten Blechen und wurden später manchmal sogar mit einem Stimmzapfen versehen. entsprechende Instrumente wurden in Irland, England, Canada und den heutigen USA gefunden. 2].

Die moderne Low Whistle

Der englische Flötenbauer und Jazzmusiker Bernard Overton gilt als Erfinder  der modernen Low Whistle. 1971 baute er auf Anfrage des Musikers Finbar Furey ein Instrument in A-Dur. Dazu kam es, weil Fureys geliebte indianische Bambusflöte während einer Tour kaputt gegangen war. Da die Versuche Overtons, die kaputte Flöte zu reparieren, nicht von Erfolg gekrönt waren, entschied sich dieser, eine Kopie aus Metall anzufertigen. Das Resultat der ersten Versuche war eine überdimensionierte Tin Whistle aus Kupfer mit einem Holzmundstück. Da Overton mit der Bespielbarkeit nicht zufrieden war, begann er weitere, verbesserte Versionen des Instrumentes zu bauen. Finbar Furey war begeistert von den neuen Flöten und bat um eine Low Whistle in G, die er für sein bekanntestes Stück "The lonesome Boatsman" verwenden konnte.
Overton selbst äußerte sich zur Entstehungsgeschichte der Low Whistle wie folgt:

"He then asked for a whistle in Low D, the same pitch as for the concert flute; this I called a "Tenor D Flageolet", but most musicians came to call it the "Low D". He took them on tour and used them extensively. I was soon getting calls from Ireland, Scotland, Europe and the USA, asking for the instruments, so I started to make them to order."[3]

Overton selbst ist 2008 leider verstorben. In den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts arbeitete er zeitweise mit dem in Deutschland lebenden Colin Goldie zusammen, der heute noch Overton Whistles produziert. Leider können wir diese Whistles nicht mit anbieten, da uns Colin Goldie als größten deutschen Tin Whistle Händler nicht beliefert.  In England sind seine Whistles erhältlich.

Obgleich lange vor dem großen kommerziellen Durchbruch Low Whistles 5] von diversen bekannten Herstellern erhältlich waren [nb 1] , blieben diese Instrumente einem kleinen Kreis von Liebhabern vorbehalten. Erst durch Davy Spillanes Riverdance erlebte die Low Whistle in den 90ern jenseits der traditionellen Folkiekreise 2]  ihren Durchbruch. Es gilt als unbestritten, dass Spillanes Show, in der Low-Whistle-Sounds in Verbindung mit Jazzlinien und RnB-Music auftraten, einen großen Beitrag für die Verbreitung der Low Whistles geleistet hat. 

Viele der Informationen über die Low Whistle stammen aus dem Buch "The Low Whistle", das neben einer Spielanleitung mit CD auch einen hochinteressanten historischen Abriss enthält. Auf der Musikmesse in Frankfurt 2009 hatte ich das Vergnügen, mit Steáfán und David, den beiden Autoren und Urgesteinen der englisch-irischen Folkszene, eine lustige Zeit mit viel Kaffee und Geschichten zu verbringen. Dabei kam uns die Idee, einen Teil der Geschichte der Low Whistle von den beiden selbst erzählen zu lassen. Gegen Ende des Videos gibt es eine schöne Geschichte. Um es mit Davids Worten zu sagen "Directly from the horse´s mouth".

 

 

Die Low Whistle in der traditionellen Folkmusik

Anders als die Pennywhistles sind die Low Whistle ziemliche Newcomer in der traditionellen Irish Folk Szene und einige spaßfreie Puristen bemängeln, dass die Rolle, die die Low Whistle in dieser Musik übernimmt, bereits durch die Irish Flute und die Tin Whistle ausreichend abgedeckt sei2].. Die Pragmatiker der Szene nutzen die Low Whistle als Übergangsinstrument um die Grifftechnik der schwerer zu spielenden und auch teureren Irish flutes oder Uilleann Pipes zu lernen.
Gott sei Dank gibt es nicht nur Bremser, sondern auch bekannte Folkmusiker, die die Low Whistle häufig eingesetzt haben, wodurch das Renommee dieses Instrumentes verbessert wurde. Genau wie die Irish Bouzouki - eine Variante des griechischen Instrumentes mit einem flachen Korpus - ist die Low Whistle Ausdruck einer Entwicklung der Folkmusik, in der kreative Impulse von Praktikern ziemlich pragmatisch umgesetzt wurden.


Hersteller:

Neben dem verstorbenen Bernard Overton gibt es natürlich jede Menge anderer namhafter Hersteller:

Die größte Auswahl in verschiedenen Tonarten hat und Lautstärken haben mit Sicherheit die Whistles des englischen Newcomers Tony Dixon und eine weitere graue Eminenz der Szene: der deutschstämmige Gregor Kelischek mit der Firma Susato in den USA.
In Ermanglung von Konkurrenz waren die Hersteller Kerry und Chieftain über zwei Jahrzehnte marktbeherrschend.
Seine eigene kleine Nische hat der englische Dudelsackbauer Dave Shaw gefunden, indem er als einziger Low Whistles in traditioneller Bauweise - also aus gerolltem Blech mit eingesetztem Holzblock baut. Auch Shaw Whistles sind in diversen Tonarten erhältlich.

Günstige Low Whistles zum Einstieg gibt es von Tribal Earth.

Quellen:

  1. ^ "about the instruments". http://www.jerryosullivan.com/abouttheinstruments.htm. Retrieved on February 21 2009. 
  2. ^ a b c "Whistling Low: History". Whistling Low. 2001. http://www.geocities.com/SoHo/Studios/2186/histo.html. Retrieved on September 14 2008. 
  3. ^ a b Hannigan, Steáfán & Ledsam, David (2006). The Low Whistle Book. SVM Publications. pp. 96. 
  4. ^ Hannigan, Steáfán & Ledsam, David (2006). The Low Whistle Book. SVM Publications. pp. 97. 
  5. ^ Hannigan, Steáfán & Ledsam, David (2006). The Low Whistle Book. SVM Publications. pp. 98

    Dieses Buch bestellen:


    The low Whistle